Der Faszien-Hype nimmt kein Ende…

Heute möchte ich ein paar Takte zum Faszien-Hype loswerden. In der westlichen Medizin und deren Körpertherapien, wie etwa der Physiotherapie, wird die Entdeckung der Faszien und ihrer Funktionen geradezu als Weltneuheit und Revolution gefeiert. Ehrlich gesagt, verstehe ich diesen Hype nicht.

In der Klassischen Chinesischen Medizin kennen wir Faszien oder auch Bindegewebe genannt seit Jahrtausenden. Und wir wissen auch um die enorme Bedeutung dieser wichtigen Verbindungsschicht zwischen vielen funktionellen Ebenen des Körpers.

iSo finden wir den eigentlichen Beginn beispielsweise von Krebserkrankungen häufig genau in den Faszien, in dem die Organe umgebenden Bindegewebe. Von hier aus greift dann, in einem Moment der Organschwäche, der Krebs über auf das Organ selber.

Oder das Wissen der Chinesen über die sogenannten Meridiane, Leitbahnen für “unsichtbare” Aspekte körperlicher Funktionen, die ebenfalls zum einem großen Teil im Bindegewebe, in den Faszien angesiedelt sind.

Und uns ist weiterhin bekannt, welche Organsysteme über die Faszien herrschen und welche köperlichen, aber noch wichtiger, welche psychischen Komponenten eine Schwächung der Faszien zur Folge haben.

Viele Behandlungsmethoden der KCM wirken eben auch ganz stark auf die Faszien ein. So gibt es sehr effektive Massageformen, aber natürlich an erster Stelle zu nennen sind die Bewegungsmethoden der KCM, namentlich QIGONG und TAIJIQUAN. Viele Übungen aus diesen Bereichen fördern, stärken und aktivieren das Bindegewebe.

Aber auch viele Ernährungshinweise in der Chinesischen Medizin zielen auf eine Beeinflussung dieser Körperbereiche ab. Fazit: Der Hype bzgl. der Faszien besteht genau genommen schon seit vielen tausend Jahren. Nur hier wird das erst jetzt (wieder) entdeckt.

Aus diesem Grunde würde ich mir wünschen, dass die Schulmedizin endlich von ihrem hohen Ross herunter kommt, um von den alternativen Medizinrichtungen zu lernen, zum ausschließlichen Wohle der Patienten.

Foto: Sigrid Rossmann, pixelio

Warum reizvoll reizvoll ist…;-)

In dem heutigen Artikel geht es mir um die Darlegung eines wichtigen Prinzips der Klassischen Chinesischen Medizin und des Qigong, nämlich “Reize setzen”. Die KCM ist eine Reiztherapie. Wir sind der Meinung, dass der Körper – und auch die  Seele bzw. der Geist Reize benötigen, um heilen, um Ganz werden zu können.

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Eine genauere Betrachtung des Scheitelpunktes “Baihui”

Auch heute wieder antworte ich auf die Nachfrage eines Kursteilnehmers und beleuchte ein wenig die Bedeutung des Scheitelpunktes, Baihui. Viel Freude beim Lesen und Spüren. 

Für unser Qigong- und/oder Taijiquan üben sind die Meridiane und bestimmte Energiebereiche wie die 3 Dantian und andere von enormer Bedeutung. Genau diese Idee ist es ja, die Qigong und Taijiquan von anderen Methoden wie Sport, Gymnastik oder auch Karate unterscheidet. Der energetische Aspekt – das Fließen von Energie in bestimmten Leitbahnen – und der geistig-seelische Aspekt unserer Praxis – die Stille des Geistes und die Ruhe des Herzens -.

Einer dieser Energiebereiche und gleichzeitig ein Akupunkturpunkt ist der sogenannte Scheitelpunkt, chin. Baihui. Baihui bedeutet “100 Treffen” und meint die Zusammenführung aller Yang-Leitbahnen und des Yang-Qi´s an genau dieser Stelle. Der Scheitelpunkt ist die höchste Stelle des Kopfes. Zu finden über eine gedachte Linie in der Mitte des Kopfes von der Nasenwurzel bis zum Nacken und einer Verbindungslinie zwischen beiden Ohrenspitzen. Im Kreuzungsbereich liegt das Areal des Baihui. Areal deshalb, weil es sich um ein mehrdimensionales Feld handelt, nicht um eine Fläche.

Doch der Baihui wird auch als Tian-Men bezeichnet, Himmelstor. Den Begriff Tian < >Himmel  zu erläutern, würde ein ganzes Buch erfordern, so groß ist das Konzept dieses Begriffes. In Kürze sei hier jedoch darauf hinzuweisen, dass der Himmel das Größte ist, was diese Welt zu bieten. Der Himmel ist Ursprung alles Seins und umfasst den Menschen, die Erde, das Universum. Men, das Tor, ist ebenfalls ein typischer chinesischer Begriff, der etwas mit einer Verbindung zu tun hat. Tore sind Verbindungsareale, sind Mittler zwischen verschiedenen Bereichen, Ebenen, ja sogar zwischen unterschiedlichen Welten. Der Scheitelpunkt Baihui stellt also unser Verbindungstor zum Himmel her.

Im Qigong und im Taijiquan, aber auch in der Meditation wird die Wirbelsäule (chin. Himmelssäule!) aufrecht gehalten, um den Baihui nahe zum Himmel zu bringen. Durch die geöffnete Haltung des Nackens – umgesetzt durch die Anforderung das Kinn leicht und sehr sanft nach unten, hinten, oben zu bewegen – wird der Scheitelpunkt geöffnet und geht auf Empfang. Diese Empfangsantenne ist also unser Mittler zum Himmel. Wir empfangen über diesen Bereich Informationen aus dem Himmel und dies durchaus aus unterschiedlichen Lebensbereichen, ja Welten und sogar unterschiedlichen Zeiten. Den Baihui zu öffnen löst und entspannt also nicht nur den Nackenbereich, was an sich schon wichtig genug ist – gerade für Schreibtischtäter 😉 -, es stellt viel mehr auch unsere Kommunikation mit dem Himmel, mit dem Dao, mit unserem “Schicksal” her. Aufrichtigkeit hat also mit Nichten nur etwas mit nicht lügen zu tun. Aufrichtigkeit ist eine Lebenshaltung, die uns mit dem Himmel verbindet und von dem wir uns dann führen lassen! Auch im banalen Alltag ist die Haltung der Wirbelsäule und damit die Haltung des Baihui sehr wichtig und wir sollten sorgsam mit diesen Bereichen umgehen und aufmerksam immer wieder diese Himmelsaspekte justieren. 

Über den Baihui erhalten wir sehr viele und wichtige Informationen aus unserer direkten Umwelt, was wichtig für unseren Alltag ist. Aber wir haben auch Zugang zu weitaus subtileren und entscheidenderen Informationen über unsere Ahnen, verschiedene Zeitebenen und unterschiedliche Welten. In anderen Traditionen wie beispielsweise bei einigen buddhistischen Schulen wird dieser Bereich als Stirn-Chakra bezeichnet. Chakren haben auch dort weitreichende Funktionen und sind Bindeglied zwischen unterschiedlichen Lebens- bzw. Energiebereichen.

In den daoistischen Traditionen hat der Baihui selbstverständlich Zugang zum Oberen Dantian (Shang Dantian) und damit zu sehr feinen, feinststofflichen Lebens- und Informationsebenen. Dort angesiedelt wird u.A. auch das sogenannte “3. Auge” > auch Tian-Mu > Himmelsauge genannt. An all diesen energetischen und geistig-seelischen Funktionen ist der Baihui beteiligt. Deshalb wird der Scheitelpunkt auch immer besonders trainiert. In den einfachen Übungen beginnen wir eben mit der korrekten Ausrichtung des Baihui. Wer sich noch an die Zeit des Antennenfernsehen erinnert, weiß wie ungeheuer wichtig eine gute und exakte Ausrichtung der Antenne ist, wenn man einen guten Empfang haben will. Zudem lenken wir unsere Aufmerksamkeit sanft in diesen Bereich um diesen zu öffnen. Bilder wie ein Schweben dort, eine Leichtigkeit dort, können sehr hilfreich sein. Anschließend starten wir von dort unsere Entspannung des gesamten Körpers und des Geistes nach unten hin. 

In höheren Stufen des Qigongtrainings wird dieser Bereich auch gesondert bearbeitet und trainiert durch unterschiedliche Visualisierungs- und/oder Aufmerksamkeitsübungen.  Es bestehen natürlich Verbindungen auch zur Erde und zu Erden-Toren…! 

Wissenswertes über unsere Füße…;-)

Die Füße

Auf unseren Füßen stehen wir, sie bringen uns fort, sie bewegen uns, sie haben eine sehr große Bedeutung für uns. Alle Beschwerden in oder an den Füßen sind natürlich Ausdruck einer innerer Disharmonie – wie bei jeder Erkrankung.

In den Anfragen von Kurteilnehmern ging es um Hammerzehen, Halluxe und Ähnliches. Aber auch Knöchelprobleme oder Fersensporne sind Ausdruck tiefer innerer Störungen des energetischen und psychosozialen Gleichgewichts.

Die Füße sind in der KCM verschiedenen Organsystemen zugeordnet. Wenn beide Füße nebeneinander stehen, so bilden sie ein Rechteck. Im Alten China wurde die Erde, die Äcker ebenfalls in Rechtecke eingeteilt. Allein aus dieser Idee heraus werden die Füße der Erde (Di) zugeordnet. Natürlich stehen wir zudem mit beiden Füßen auf eben dieser Erde.

Fest verwurzelt sein, standfest sein, fest im Leben stehen sind Ausdruck dieser Fähigkeit der Füße. Doch die Schwierigkeit bei diesem seine Wurzel finden, verwurzelt sein, fest stehen, ist es, in dieser Verwurzelung beweglich, flexibel zu bleiben.

Dies ein typisches Beispiel für die Idee des Yin/Yang. Es ist immer beides da und es braucht auch immer beide Seiten. Nur gute Wurzeln zu haben, kann uns schnell auch stur und geistig unbeweglich machen. Hier ist mein Platz, hier ist meine Heimat wäre solch ein unflexibler Gedankengang. Und zwar unabhängig davon, ob wir darin wirklich einen Halt für uns spüren!!!

Also, ich will damit beschreiben, dass viele Menschen dies nur meinen. Sie meinen, dass ihnen ihr Elternhaus Stabilität bringt. Doch sie spüren es nicht so! Es ist einfach nur ein Gedankenkonstrukt, was jeglicher Erfahrung entbehrt! Wir meinen oft nur, dass wir diese oder jene Bedingungen brauchen. Doch wissen tun wir es gar nicht, weil wir so unbeweglich sind, dass wir es – aus diesem besagten Glaubensmuster heraus – auch niemals ausprobieren würden.

Der Fuß versinnbildlicht die wahre Bedeutung von Stabilität. Festigkeit und Beweglichkeit, Standhaftigkeit und Flexibilität. Ich habe am letzten Ausbildungswochenende auch darüber gesprochen. Dieses Festhalten an angeblichen Wahrheiten, die wir niemals selber untersucht haben.

Die Füße sind relativ klein im Vergleich zum Rest des Körpers, aber dennoch sind sie stark genug, diesen Körper zu tragen und ihm Stabilität zu verleihen. Dazu benötigen sie eine gute Durchlässigkeit. Nur durchlässige Füße können überhaupt verwurzeln…;-D! Durchlässig und beweglich, flexibel müssen Füße sein. Dann sind sie an jedem Ort, egal wohin wir uns gerade bewegen, fest, stabil und bleiben dennoch weich, nachgiebig und beweglich. Füße tragen uns ja auch an neue Orte. Und das ist ihre Natur!! Versteht ihr?? Wenn wir uns der Bewegung verweigern, verweigern wir uns dem Neuen, dem Leben schlechthin.

Fußerkrankungen haben somit natürlich einen Bezug zu unserem Weltbild, zu unserem Denken, zu unserer Gefühlswelt. Blockaden in bestimmten Leitbahnen – den 6 Meridianen der Füße, die da sind: Niere, Blase, Magen, Milz, Leber und Gallenblase – tun ihr übriges.

Dann entstehen Fließbeschwerden, die sich natürlich auch im Fuß äußern können. Beim Hallux beispielsweise sind Milz und Leber betroffen, was vielleicht auf mangelnde Demut, fehlende Bescheidenheit, zu intensive Gefühlswelt, inneren Zorn oder ähnliche Aspekte zurückzuführen ist. Auch Sehnenverkürzungen an den Füßen deuten auf solche Problematiken hin und sind nicht nur durch äußere Anwendungen wie beispielsweise Massage zu heilen. Innere Hitze, Trockenheit und Blockaden spielen also, neben der Einstellung zum Leben, eine ebenfalls große Rolle.

Im Qigong ist die Stellung und Haltung der Füße deshalb von extremer Bedeutung. Lebendigkeit in den Füßen bedeutet Lebendigkeit im Leben. Die Füße übertragen unser Körpergewicht, aber sie übertragen auch Qi. Im Qigong sollten wir stetig mit den Füßen spielen, sie beobachten, sie tief im Inneren erfühlen, ihnen danken und mit ihnen reden. Doch wie spiele ich mit meinen Füßen? Nun, indem ich immer wieder mal ganz sanft, sehr subtil in sehr feinen Bewegungen (von außen kaum sichtbar) mit den Zehen spiele. Ich drücke sie sanft, fast ohne Muskelkraft auf den Boden. Ich lasse wieder los. Ich rolle meinen Fuß kreisförmig und erspüre die Druckveränderungen im (inneren) Fuß. Ich schiebe ganz fein das Fußgelenk nach vorne und spüre, was sich alles verändert. Im Stehen (Zahn Zhuang) als auch im bewegten Qigong, erst Recht bei Übungen mit Schritten, müssen wir ebenfalls sehr genau fühlen, was die Füße tun, wie sie auf dem Boden stehen und ob sie durchlässig sind, damit Körpergewicht und Energie auch übertragen werden können. Und wir sollten auch immer wieder mal schauen, wie unsere Füße stehen – auch oder gerade im Qigong – und sie ggf. korrigieren, sanft, fein und behutsam. Denn Veränderungen benötigen Zeit und Engagement. Im Leben gilt übrigens dasselbe. Standfestigkeit hat sehr, sehr viel mit den Füßen zu tun. Und die Füße erlauben uns Richtungswechsel, schnelle und langsame Bewegungen, wir können die Füße heben, mit ihnen fließen und uns treiben lassen. 

Organspezifisch möchte ich hier (nur) noch die Niere (Shen) erwähnen. Der erste Punkt der Nierenreitbahn YONGQUAN ist ein sehr wichtiger und ebenfalls sehr sensibler Energiebereich des Körpers. Über Yongquan wird ein großer Teil der Kraft und ein großer Teil der Energie übertragen. Yongquan ist der Mittler zwischen UNS (dem Menschen <> Ren) und der Erde, unserem Körper. Aber natürlich auch der Mittler (durch uns hindurch) zwischen uns und dem Himmel, als auch zwischen Himmel und Erde.  Die Niere kontrolliert die Füße heißt es in alten Medizintexten. 

Gerade bei bekannten Fußstellungsproblemen wie etwa Knickfuß, Senkfuß, Spreizfuß etc. ist es enorm wichtig, regelmäßig mit den Füßen zu arbeiten. Qigong und Taijiquan sind hervorragende Methoden, um dies zu tun! 😉 Aber auch eine Massage der Füße sollte zum regelmäßigen Ritual gehören, wenn wir unsere Füße wirklich schätzen. Die Massage des Yongquan ist eine sehr effektive Selbstmassage, die weitreichende Auswirkungen im ganzen Körper haben kann, wenn wir sie regelmäßig und korrekt ausführen. Dazu reiben wir unsere Hände so lange, bis diese richtig heiss sind. Dann legen wie die Handflächen auf den Yongquanpunkt und geblieben die Hitze mit unserer Aufmerksamkeit bis tief ins Fußinnere hinein. Dann können wir den Yongquan reiben, kneten oder kräftig streichen um weitere Hitze zu erzeugen. Aber wir sollten auch fühlen, wie sich dieser Bereich – auch um den Yongquan herum – anfühlt. Verhärtungen massieren wir dann ggf. ebenso intensiv und lösen die Vergärung, die Blockade nach außen hin, zu den Rändern des Fußes hin auf. Ein etwas in die Mitte des Yongquan wirkender Druck von Daumen oder Mittelfingerknöchel regt das Qi an stärker zu fließen. Aber auch heiße Fußbäder (ggf. mit frischem Ingwer) sind – gerade in der Herbst- und Winterzeit – extrem hilfreich, um unsere Füße zu entlasten, sie zu fördern, sie zu unterstützen und ihnen so unsere Dankbarkeit zu zeigen.  

Die Füße sind, und ich wiederhole dies hier nochmals mahnen, auch Ausdruck unseres Weltbildes, unseres Denkens. Wie die Füße braucht auch unser Geist (Shen) starke Prinzipien wie Willenskraft, Mut, Demut, Bescheidenheit, Hingabe uvm., bei gleichzeitig größtmöglicher Flexibilität. Sturheit, nicht flexible Prinzipien sind Ausdruck eines unbeweglichen Geistes und das nennen wir Dogma. Nichts im Leben, aber wirklich rein gar nichts ist immer gleich. Alle Aussagen, die wir treffen können, sind letztlich relativ. Dessen müssen wir uns immer bewusst sein, damit wir im Strom des Lebens mitfließen können, statt darin unterzugehen…;-D! 

Fazit: Achte und pflege deine Füße!!!