Angst – ein emotionaler Notstand

Angeregt durch ein sehr intensives Wochenende mit meiner Qigonggruppe möchte ich heute kurz ein paar Ideen aufzeigen, die etwas mit der “tiefsten” Emotion im System der Chinesischen Medizin zu tun haben, der ANGST.

Angst entsteht durch Unwissenheit. Solange du nicht erleuchtet bist, wirst du also ängstlich, oder extremer, angstvoll (voller Angst sein), sein. Angst führt dann zu vielfältigen Problemen. Aber hervor gebracht wird sie auch durch uns selber, wenn wir nicht präsent sind.

Angst verschärft sich sehr stark, wenn wir nicht “bei uns” sind, wenn wir “abwesend” sind, wenn wir nicht im JETZT, im MOMENT agieren. Angst wird dann geschürt und hervorkommen, wenn wir unseren gegenüber – und es ist völlig egal, wer das auch immer sein mag, sprich ob Freund oder Feind -als eine Geschichte (von vergangenen Erfahrungen) betrachten, statt ihm frisch und unbefangen zu begegnen.

Aber auch “ähnliche” Erfahrungen mit anderen Menschen, die wir in unserem Leben machen mussten, führen zu solchen Geschichten – in dem Fall eher eigenen Geschichten – und diese Geschichten werden dem Moment, werden dem Anderen, werden uns niemals gerecht. Sie erzeugen Gefühle und Aktionen (oder Reaktionen), die nichts, aber auch gar nichts mit dem Menschen in der jeweiligen Situation, die gerade passiert, zu tun haben.

Als Beispiel:

Jemand hat schlechte Erfahrungen in Beziehungen gemacht. Und nun lernt dieser Mensch aber wiederum einen anderen Menschen kennen, den er vielleicht doch lieben könnte und mit dem er sich auf das Wagnis Beziehung nochmals einlassen möchte. Schon bevor auch nur ein Moment des Bezugs zwischen beiden Lovern passiert, unterwandert unsere Erfahrung schon diesen Neubeginn. Warum??

Nun, weil wir es nicht zulassen können, dass es ein NEU-Beginn wird. Denn wir lassen es nicht zu, dass es NEU, dass es FRISCH ist!

Sondern wir wissen ja bereits, dass das nichts wird. Wir wissen ja, dass wir das nicht können. Wir können nicht mehr mit jemandem zusammen leben. Wir können uns das beim besten Willen nicht vorstellen. Wir wissen ja bereits, dass wir auch ohne Partner glücklich sein können…! Wir haben ANGST genau davor, dass wir die Situation nicht NEU sein lassen können und artikulieren unsere Angst sogar, damit der Andere Bescheid weiß, damit er weiß, dass wir ehrlich sind, aber es eben wohl nicht werden leben können.

Die eigene Geschichte wird zum NEGATIV-MANTRA! Ich habe Angst, dass ich es nicht hin bekomme. Ich werde es nicht können. Ich kann es mir nicht vorstellen. Es ist so schwierig. Ich brauche mehr Zeit. Aber selbst das stimmt natürlich nicht, denn der Moment ist halt Jetzt, nicht später. Ich muss einfach nur anfangen meine Angst zu sehen, mit ihr zu reden und mich dann über sie hinwegsetzen und es trotzdem tun. Ich küsse einfach, ich liebe einfach, ich nehme seine/ihre Hand. Und wenn es nicht immer klappt – wann tut es das denn schon mal im Leben?? – dann nutze ich eben den nächsten oder übernächsten Moment. Ich bleibe dran, meine Geschichten von mir und dem Anderen einzutauschen gegen einen Moment Aufmerksamkeit, einen Moment Stille, einen Moment bei jemandem sein, einen Moment der Frische und des Neuen. Ich bleibe dran und suche in jeder Begegnung mit meinem Partner, meiner Partnerin diesen Moment, diese Achtsamkeit. Ich bleibe dran und gebe nicht auf.

Aber auch die Geschichte des Anderen kann uns aus dem Moment, aus dem Jetzt herausbringen. Er redet so wie der letze Partner. Er will nur Sex, ist halt ein Mann. Sie will nur einen Beschützer, typisch Frau. Er möchte über Dinge reden, die gar nichts mit unserem Problem zu tun haben. Sie möchte gar nicht reden. Und dann verkaufen wir uns auch noch als ehrlich, offen und wirklich bemüht in Sätzen wie “…aber es hat eben nicht sollen sein!” oder “es hat einfach nicht gereicht!”.

Immer mehr Menschen folgen solchen Angst-Mustern in ihrem Leben. Nicht nur in Beziehungen, sondern auch im Beruf, in Familie, mit Kindern, im Freundeskreis, einfach überall!!! Dies erfahre ich immer häufiger im Leben, u.A. auch in meiner therapeutischen Arbeit. Und Angst löst unglaubliche Reaktionen aus. Es sorgt für Unglück, Krieg, Hass, Krankheit, Leid, weitere Emotionen wie Trauer oder Sorge uvm.!

Ich kann nichts fühlen. Ich kann das nicht. Mein Kind wird krank, ich spüre das. Ich kann nicht loslassen. Meine Eltern lieben mich nicht. Meine Freunde stehen nicht zu mir. Meine Kollegen mögen mich nicht. Aber ich habe alles gegeben. Ich wollte wirklich. Ich habe auch keine Kraft mehr, das ist mir einfach zu anstrengend, sorry. Doch immer wenn es anstrengend ist, ist es sicher nicht der Moment, ist es sicherlich nicht das Frische. Dann sind wir ganz sicher nicht gegenwärtig. Deshalb sollten wir uns auch immer wieder fragen, ob wir wirklich alles gegeben haben?!

Waren wir wirklich frisch? Wollten wir es wirklich, das NEUE?? Oder war es nur, um unsere Muster zu füttern und um später – traurig natürlich – sagen zu können, “Siehst du, hab ich doch gewusst, ich bin beziehungsunfähig!”. Waren wir wirklich aufmerksam im Moment der Begegnung? Waren wir wirklich dort? Und wie waren wir es?? Vielleicht doch verschlossen? Vielleicht doch schon im Inneren beeindruckt von unseren ach so schlimmen Erfahrungen vorher?

Das beste Mittel gegen Ängste ist Wachsamkeit, Achtsamkeit, Frische, Aufmerksamkeit und ein zutiefst aus unserem Herzen kommender Wille, UNS und dem ANDEREN eine Chance zu geben, durch WACHHEIT! Durch FRISCHE! Durch AUFMERKSAMKEIT! Und durch AUSDAUER!

Qigong ist ein gutes Training gegen Ängste, lehrt es uns doch aufmerksam, wach und “nur” beobachtender Zeuge zu sein. Immer wieder, Tag für Tag.

 

Foto: Martin Schemm, pixelio

Qigong, Schmerz, Yi und Shen

Ich möchte mit diesem kleinen Artikel auf ein Problem eingehen, was durch euer Qigongüben entstehen kann und was wichtig ist, es richtig einzuordnen, damit man gut und hilfreich damit umgehen kann…!

Zuerst einmal, wir suchen den Schmerz…;-)! Ja, das ist Ernst gemeint! Heilung findest du nur an den dunklen Stellen, dort, wo du nicht hin möchtest, statt. Und genau dort finden wir natürlich auch (all) den Schmerz, den wir durch unsere Inkarnation(en) verursacht, erlebt, erfahren und weg gepackt haben.

Also soll uns unsere Übungspraxis genau an diese Punkte, die eben schmerzhaft sind, heranführen. Das ist erklärtes Ziel des Übens, das ist das GONG. Alles was unerledigt bleibt, was wir nicht wahrhaben wollten oder konnten, wird irgendwo im Körper (oder in der Seele) gespeichert und sammelt sich dort immer mehr an, verdichtet sich! Je nach Konstitution kann das sehr unterschiedlich sein, aber das Prinzip ist immer dasselbe! Und das, worum es geht bei diesen Erfahrungen hat immer etwas zuallererst mit dem Geist, der Seele (Shen) zu tun, und erst in zweiter Idee mit dem Körper. Obwohl wir es zu unseren Lebzeiten natürlich nicht wirklich trennen können.

So sammelt sich über die Jahre (Jahrhunderte <> Ahnen, vorherige Inkarnationen, für die, die es so genau wissen wollen…;-)) Müll an ganz bestimmten Stellen im Körper an, weil wir es nicht richtig und vollständig verarbeitet haben. Dieser Müll – in der KCM dann Kälte, Feuchtigkeit, Schleim etc. genannt – landet an verschiedenen Körperstellen und verklebt dort langsam aber sicher das Gewebe. Diese Verklebungen verdicken immer mehr und dadurch entsteht irgendwann eine Unterbrechung des Flusses von Qi und Blut und schon haben wir SCHMERZ (aus Yang wird Yin).

Schmerz, so wiederum die Daoisten, entsteht dort, wo wir lange nicht gewesen sind! Watt soll datt denn schon wieder bedeuten?? 😉

Schmerz, d.h. diese Verklebungen können nur dort entstehen, wo wir mit unsere Aufmerksamkeit (Yi > Geisteswesen der Milz) lange nicht mehr waren, in der Regel aus Überforderung oder Angst. Wir haben uns Dinge, die in unserem Leben passierten, nicht gründlich und tief genug angeschaut. Wir haben aus Angst vor Verletzung oder “Bestrafung” bestimmte Dinge nicht aussprechen mögen und uns nicht gewehrt gegen Situation, die uns hart getroffen haben. Wir haben diese Situationen einfach (hundertfach) verdrängt. Und diese Verdrängung, dieses Nicht-Anschauen-Wollen führt dann zu der beschriebenen Problematik, die wir Schmerz oder auch Beschwerde/Krankheit nennen.

Da die Alten Chinesen dies erkannt hatten, haben sie Methoden wie das Qigong und die Meditation erfunden (you – erkannt durch Aufmerksamkeit; geführt durch das Dao/Universum – Wu).    Diese Methoden sollen dem Menschen helfen, sich selbst besser und tiefer wahrnehmen zu können, damit wir eben solche Verklebungen selber auflösen und somit heilen können ODER sie gar nicht erst entstehen lassen, weil wir so sensibel und aufmerksam sind, dass möglichst wenig Verklebungen entstehen.

Deshalb ist der Geist (Shen), in der Ausprägung als Aufmerksamkeit, ganzheitliches Erfassen (Yi) auch so wichtig im Qigong, weil wir damit in jeden Bereich des Körpers hineinhorchen können. Schon unsere Aufmerksamkeit dort zu haben, setzt eine Auflösung in Gang. Deshalb setzt die KCM auf Selbstheilung, auf Hilfe durch eigenes Training der Sensibilität (zunächst nach Innen) und Aufmerksamkeit, die dann im Üben von Qigong und Meditation benutzt wird, um uns tiefer, immer tiefer zu erspüren und so tiefgreifende Heilung möglich zu machen…!

Qigong ist also alles andere als eine Gymnastik. Und auch das so oft anzutreffende Aufmerksamkeitstraining geht in der Regel überhaupt nicht tief genug, es bleibt allzu oft an der Oberfläche. Doch im Qigong lernen wir, immer tiefer hineinzukommen in unsere verschiedenen Gewebeschichten, bis wir sogar in die geistigen Welten eintauchen können.

Dieser Prozess ist der Weg der Heilung! Nicht die Medikamente, auch nicht der Heiler, nicht die Technik, WIR sind Patient UND Therapeut in einem! Und das nutzt die Chinesische Medizin, in dem sie uns Verfahren lehrt, die uns aufzeigen, wie wir wieder unser eigener Heiler werden, nämlich durch immer größer werdende ANWESENHEIT! Und Anwesenheit bedeutet, möglichst immer anwesend zu sein und sich nicht – innerlich – weil so schrecklich und schmerzhaft, wegzudrehen. Wir müssen uns und unser handeln immer wieder kritisch hinterfragen! Und weil dies so schwer ist, gibt es Kurse oder Heiler, die uns dabei helfen sollen, aber uns niemals UNSERE Arbeit abnehmen können!

Und dies wirklich zu verstehen ist von enormer Bedeutung, weil wir sonst die Chinesische Medizin und ihre Verfahren, ja, unser Qigong niemals richtig verstehen und damit nicht ansatzweise richtig und effektiv nutzen können!!!